Mit Distanz betrachtet ist unser Film der Trailer unserer drei Mal vierundzwanzig Stunden Dokumentation über die Finanzwelt, die wir nicht gemacht haben. Es geht um die gigantischen Verhältnisse zwischen Herrschaft, Vermögen, Potenz, Kapital, Eigentum auf der einen, Knechtschaft, Schuld, Vitalität, Arbeitskraft und die pure Mittellosigkeit auf der anderen Seite. Wir haben einige Details davon in drei Filmebenen erzählt. Gespräche, Reaktionen eines bodenständigen Kabarettisten, Günther Lainer und Wasserbilder aus Österreich.
In meinem tiefsten Wesen bin ich ungeeignet einen Film über die Finanzwelt ökonomisch folgerichtig abzuschließen. Das ist ein riesiges Problem, ich fühle mich angreifbar. Auf der anderen Seite spiegelt es die Wirklichkeit eines Großteils der Bevölkerung. Immer wieder stoßen wir im Film an die zu hohe Komplexität des uns bestimmenden Phänomens und die Problematik der Orientierung und Entscheidungsfindung, eine unserer demokratischen Grundpflichten: Wir sollten wählen können. Nach zahlreicher Lektüre weiß ich nun hunderte Details und kenne diese Sprache. Sie kommt fast völlig ohne die lebens- und liebenswerten Facetten unseres Menschseins aus. Das ist ebenfalls ein riesiges Problem.
„Ökonomie ist zu groß und zu wichtig geworden“, sagt ein Gesprächspartner in unserem Film. Ich weiß nicht woher das kommt, die Ordnungsexperimente reduzieren den Menschen dauernd auf die „Kreatur“, die ständig aufgezäumt und gezügelt werden muss. Mein Wesen sieht den Menschen von der anderen Seite. Wir sind prinzipiell für einander angelegt! Ökonomie und Finanzwesen erkennen im Modell, einer Bilanz, der Zahl und der Ideologie die Kraft der Ordnung. Ich habe nach diese Klarheit, Grenze und Anordnung wirklich dringend gesucht! Doch nur sehr selten fand ich Schemen, die mit unserer angeborenen Fähigkeit mit einander auszukommen rechnen und sie damit auch einfordern. Als würden wir ausschließlich mittels Konstrukt und Gesetz miteinander umgehen können! Das große übergeordnete Schema wird immer korrumpiert werden. Es muss korrumpiert werden, weil jedes Schema eines Tages zu engmaschig wird und „der Stoff“ immer eine neue Form verlangt. Die Vitalität innerhalb der Beziehungen, nennen wir es altmodischer „der Flirt“, ist doch das viel grundlegendere Interesse des Menschen, dann erst kommt die Macht, die das und anderes festhalten will. Dieses alte Machtschema will einfach nicht mehr sterben.
Günther Lainer und ich sind vom Ansatz her komplett verschieden doch wir haben einen sehr ähnlichen Instinkt. Ein Humor, der uns erlaubt zu wissen, dass der Film alt ist, sobald er herauskommt, dass er noch Jahre aktuell ist, weil eine tiefgehende Lösung noch Jahrzehnte brauchen wird. Ich habe Günther Lainer instinktiv gesucht, wusste, dass er im richtigen Moment Hunger hat.
Zum Abschluss eine Ernüchterung: In grauenhaften Zeiten ist man geneigt die Dinge schön zu schreiben. Nüchtern betrachtet sage ich zu unseren Recherchen: Es existiert eine grauenhafte Würgekraft an unseren „Herzensqualitäten“. Diese Kraft hat bereits enormen Schaden angerichtet. Mit diesen Traumen werden wir noch einige Zeit zu tun haben.
Kabarettstatement Günther Lainer
Johanna hat gemeint ich soll mein Statement mit dem Satz beginnen: Ich danke der Johanna, dass sie mich überredet hat mitzumachen!
Ich danke der Johanna, dass sie mich überredet hat mitzumachen!
Sie hat mich zu meinem Glück gezwungen. Mir ist diese Materie, die Finanzwelt durch Johanna zugefallen und mir ist einiges aufgefallen. Für mich war dieser Film immer ein Film übers Geld. Für Johanna war es komplexer. Wir sollten nach dem Film alles verstehen und begreifen. Für mich aber blieb es ein Film übers GELD. Die Finanzwelt ist für mich nach wie vor eine sehr schwierige und komplizierte Angelegenheit. Mir wurde bewusst, dass es wenige Themen gibt worüber soviel bzw. sowenig geredet wird. Nicht umsonst gibt es so schöne Sprüche wie „Übers Geld redet man nicht!“, „Geld stinkt nicht“ oder „Das Geld liegt auf der Straße“. Und! Es gibt sehr viele Experten. Auf der ganzen Welt, in Österreich, in Oberösterreich, sogar in Linz! Für jeden Bereich. Die „Experten“ wissen viel, aber meistens in ihrem Fachbereich, wo sie sich eingearbeitet haben. Niemand der Finanzprofis konnte mir die Zusammenhänge so erklären, dass ich dieses Thema jetzt durchschaue. Für mich war es wirklich faszinierend, wie sich das Finanzsystem selbstständig gemacht hat. Manche nutzen es reichlich für sich (ich glaube legal), andere leiden unter dem System (ich glaube leider auch legal). Die größte Erkenntnis kam, als ich begriff, dass dieses System Menschen gemacht haben und Menschen auch jederzeit ändern können! Wenn sie wollten oder könnten. Ein Widerspruch.
Die Arbeit mit Johanna bedeutete immer Intensität und Neues! Es gab viele spannende Gespräche, es gab Phasen, wo ich nicht mehr wollte und Johanna schon und umgekehrt und es gab einige Situationen, wo ich bis heute nicht herausgefunden habe wie das gelaufen ist. Wir waren manchmal glücklich und manchmal traurig und manchmal beides zugleich. Die Arbeit an einem Dokumentarfilm war für mich komplett neu. Sich mit „dokumentarischen Bildern“ an ein Thema anzunähern, ohne dass ich wusste (ich hoffe Johanna schon) was dabei rauskommt oder rauskommen soll, war eine ganz neue Erfahrung für mich. Auch dass sehr viel gedreht wurde und dann nicht für den Film verwendet wurde. Johanna sagte immer, das ist ganz normal.
Mir ist um jede Szene leid, besonders um die, wo wir so richtig diskutiert haben, auf dem 10 Meter Turm zum Beispiel. Da habe ich die Johanna so richtig kennen gelernt und sie hat mich beim Stadion so richtig kennen gelernt. Im Positiven. Hat sie gesagt. Aber das hat Johanna alles „weggeschmissen“. In einer Zeit wo alles schnell und effizient gehen muss, ist so zu arbeiten ein Luxus. Aber etwas produzieren und dann wegschmeißen ist eigentlich eh ganz sozial heute. So haben wir alle Arbeit und verdienen unseren Lebensunterhalt. Viele haben mich gefragt, wie viel Geld ich für den Film bekommen habe. Ich habe aus reiner Neugierde und Lust mitgemacht. Wir haben für die Dreharbeiten „un-entgeld-lich“ gearbeitet. So zu arbeiten ist natürlich auch ein Luxus!
Liebe Johanna! Ich wünsche dir alles Gute und vor allem wünsche ich dir, dass du die Finanzwelt irgendwann einmal doch noch verstehst, das hast du dir so sehr gewünscht, und sie mir dann erklärst, wenn wir uns zufällig wieder einmal auf der Straße treffen.
Günther, dein Wegbegleiter